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Roger Köpper hält sich am Rednerpult

Roger Köppel: ein Agent Provocateur?

Zürich, Zunft zum Rüden, 13. Juni 2013. Referat von Roger Köppel, Verleger und Chefredaktor, Weltwoche: “Die Rolle der Medien in der Demokratie”.  Ein Referat im HSG Alumni Lunch Club.

Das zahlreiche PublikumSoviel gleich vorneweg: Roger Köppel hat vor ca. 100 Personen zum Thema „Die Rolle der Medien in der Demokratie” meines Erachten ein tolles Referat gehalten – ein Genuss zum Zuhören. Unter anderem konnte ich das an der Zuschauerreaktion ablesen: er hat das Publikum in 40 Minuten 22 Mal zum Lachen gebracht. Im Schnitt also alle 2 Minuten. Das tut gut, insbesondere wenn das Publikum vorher ein üppiges Mittagessen genossen hat.

Roger Köpper hält sich am RednerpultAuch wenn er vor einem HSG-Publikum nicht gerade in der Höhle des Löwen war, ist es dennoch nie einfach ein Publikum mit den eigenen Ausführungen zu packen. Roger Köppel ist das aber auf vielfältige Weise gelungen.

Ein Rezept, welches meistens gut ankommt, ist es, eine einfache Struktur einzusetzen. Köppel hat sich auf nur 2 Aussagen beschränkt:

  1. Eine funktionierende Demokratie beruht auf dem real existierenden Austausch von Meinungen, also Meinungsvielfalt.
  2. Die Rolle des Journalisten ist es Missstände aufzudecken, insbesondere im Hinblick auf den Staat, der in vielen Bereichen ein Macht- und Handlungsmonopol besitzt.

Roger Köpper kommt in FahrtDiese zwei Punkte hat er gekonnt mit prägnanten Beispielen untermauert, so z.B. mit den Themen Waldsterben, Beitritt zum EWR, Gentechnologie, Vietnamkrieg, Atomausstieg, Personenfreizügigkeit.

Seine Ausführungen waren gespickt mit schönen Formulierungen. Auf flüssige und klar verständliche Art gesprochen. Beispiel: „Wir [die Weltwoche] haben uns erfrecht …“, „Journalisten sind die Raumdurchlüfter des öffentlichen Diskurses.“ „… es hat sich bedrohlich über dem Horizont zusammengebraut …“, „Die Weltwoche hat keine Stalinorgeln wie die Häuser von Tamedia und Ringier.“

Roger Köpper löst sich vom RednerpultWas hätte er besser machen können? Ich hätte mir gewünscht, dass er (1) nicht durchs Band weg hinter dem Rednerpult steht, sondern sich frei bewegt; (2) das erste Wort „ja“ ersatzlos streicht und (3) die letzten Worte „besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit“ streicht resp. mit einem kernigen Satz ersetzt.

Mit seinen Ausführungen hat Roger Köppel sich und die Weltwoche in ein positives Licht rücken können: Es braucht kritische Journalisten (u.a. ihn) und kritische Medien (u.a. die Weltwoche), die für die Meinungsvielfalt sorgen und auf kritische Umstände hinweisen. Ganz im Sinne der MedRoger Köpper im Element mit einem Lachen im Gesichtien als 4. Gewalt in einer funktionierenden Demokratie. Dies mag dem eine oder anderen nicht gefallen, aber er hat diese Botschaft überzeugend und charmant vertreten.

Ist Roger Köppel ein Agent Provocateur? Vielleicht. Vielmehr ist es vermutlich die falsche Frage. In einer konsensorientierten Gesellschaft wie der Schweiz kann es für einen fruchtbaren Diskurs von Vorteil sein, wenn einer die vorherrschende Meinung hinterfragt und (damit) provoziert. Auch wenn es oft unangenehm ist. Insofern teile ich seine Meinung: Wir sollten bei uns mehr und öfter diskutieren und fair debattieren.

Fazit: Ein bemerkenswertes, kurzweiliges und überzeugendes Referat.

Note von 1 (zu Hause bleiben) – 10 (Weltmeister): 9.

Laurence von Arabien

Arnold Hottinger: Das Ende vom Lied ist in Arabien noch nicht gespielt

Wer mehrere Jahrzehnte an einem Thema und einer Weltgegend dran geblieben ist, hat etwas zu erzählen. So auch Arnold Hottinger. Der ehemalige Korrespondent der Neuen Zürcher Zeitung in Beirut hat vor 60 Mitgliedern des HSG Alumni Zentralschweiz in Zug einen Vortrag zum Thema „politische und gesellschaftliche Umwälzungen in Arabien“ gehalten. Dabei hat er spannend aus dem Nähkästchen erzählt. Eine wichtige Einsicht: Die Länder in Arabien werden erst zur Ruhe kommen, wenn nicht mehr politische und religiöse Auseinandersetzungen die Debatte dominieren, sondern wenn sich die Regierung und diejenigen an der Macht um die Wirtschaft kümmern. Ohne Jobs wird es keinen Frieden geben. Wer den (vorläufigen) Machtkampf in den jeweiligen Ländern gewinnen will, muss die Armee hinter sich wissen. Das Ende vom Lied ist in Arabien also noch (lange) nicht gespielt.

Welche Aspekte haben mir aus rhetorischer Sichtweise gut gefallen?

  • Arnold Hottinger kann Zahlen, Daten und Fakten zum besten geben, so dass einem Normalbürger der Mund offen stehen bleibt. Alles ohne Notizen.
  • Der Inhalt hat voll überzeugt. Wer viel Erfahrung auf seinem Gebiet hat, kommt glaubwürdig rüber.
  • Die Stimme war klar und kräftig.
  • Ab und zu hat er einen zynischen Witz eingestreut: „Da laufen dann 400’000 Stammesangehörige mit einer Kalaschnikow in der Wüste rum.“ Und hat herzlich darüber gelacht.

Was wünsche ich mir anders?

  • Trotz der kräftigen Stimme wäre der Einsatz eines Mikrofons für die hinteren Ränge eine Erleichterung gewesen.
  • Herr Hottinger hat das Referat im Sitzen gehalten. Vermutlich ist das seiner körperlichen Verfassung geschuldet. Trotzdem ist es schwierig für die hinteren Reihen bei dieser Konstellation zu folgen. Ideen: (1) Ein kleines Podium auf dem dann der Stuhl steht. (2) Zwischendurch mal aufstehen.
  • Die Arme waren des öfteren vor dem Körper verschränkt. Schade. Ich habe mir mehr offene Gestik gewünscht.
  • Mir hat gefehlt, dass er das Publikum direkt angesprochen hat. Keine Erwähnung des Veranstalters, der Teilnehmer oder des Ortes des Vortrags.

Arnold Hottinger ist meines Erachtens ein Redner der alten Schule. Er hat mich vom Vortragsstil stark an Hans-Dietrich Genscher (ehemaliger deutscher Aussenminister) erinnert: Fokus auf dem Inhalt, kein Firlefanz. Er kann inhaltlich so aus dem Vollen schöpfen, dass ihm viele nur schon deswegen mit Bewunderung zuhören.

Zusammenfassung:

Wer so viel wie Arnold Hottinger weiss und zu erzählen hat, der brilliert mit dem Inhalt. Alle anderen arbeiten weiterhin auch an der Form.

P.S.: Wer Tipps und Tricks für seine Vorträge und Präsentationen sucht, findet sie z.B. im Buch “Die packende betriebsinterne Präsentation” von Thomas Skipwith. Bestellen bei www.thomas-skipwith.com oder www.amazon.de.