Drei Zauberformeln für Deutsche in der Schweiz
Gerade ist in der Schweiz eine grosse Debatte im Gang: „Es kommen zu viele Ausländer in die Schweiz – besonders Deutsche.“ Die Tageszeitungen berichten derzeit ausgiebig davon.
Ich kenne viele Deutsche. Darunter gibt es wunderbare Menschen. Einige von Ihnen sind gute Freunde geworden. Aber auch mir fallen natürlich kulturelle Unterschiede zwischen Schweizern und Deutschen auf. Hier ein paar Tipps, welche es einem Deutschen möglicherweise einfacher machen in der Schweiz gut anzukommen. Und drei Zauberformeln.
- Die Schweiz ist nicht einfach wie ein weiteres (deutsches) Bundesland. Die Schweiz bedeutet für die meisten Deutschen Ausland, auch wenn in der Deutschschweiz Deutsch gesprochen wird: andere Stromstecker (Steckdosen), andere Währung, andere Gepflogenheiten.
- Das gesellschaftliche Leben findet in der Schweiz zu einem grossen Teil in Vereinen statt. Wer dazugehören will, tritt einem Verein bei. (Das sollte kein Problem sein, denn für jedes Interesse gibt es einen – vom Briefmarken sammeln, Kaninchen züchten bis zu Champignons anbauen.)
- Der Schweizer ruft nicht gleich nach dem Staat, wenn ihm was fehlt oder nicht passt. Sondern er sucht sich Gleichgesinnte, gründet einen Verein und macht es gleich selbst. Meistens ohne Bezahlung. Selbstinitiative ist König.
- Erfolgreiches Vordrängeln wird nicht mit Anerkennung taxiert, sondern führt zur Verstärkung von Vorurteilen. Also bitte brav hinten anstellen.
- Es werden auch wildfremde Leute mit einem „Grüezi“ gegrüsst. Auf der Strasse, auf dem Wanderweg und im Büro. Ausnahme: Es gibt so viele Leute, dass alle in einer anonymen Masse untergehen wie z.B. in der Zürcher Bahnhofstrasse. Es hilft zu schauen, was die Schweizer machen – dann einfach nachahmen.
- Bei der Begrüssung von Freunden des anderen Geschlechts gibt es drei Küsschen auf die Wangen. (Nicht bloss zwei.)
Und dann gibt es einige kleinere und grössere Unterschiede im Sprachgebrauch. Erst die kleineren Unterschiede:
- In der Deutschschweiz werden viel mehr französische Worte benutzt als in Deutschland, wie z.B. Trottoir statt Gehsteig, Pneu statt Reifen, Velo statt Fahrrad.
- Die Schweizer gehen in den Ausgang statt abends wegzugehen, geben sich ein Telefon statt sich anzurufen.
- Sie grillieren statt zu grillen, sie parkieren statt zu parken und sie sind verrückt oder hässig statt verärgert.
Die grösseren Unterschiede im Sprachgebrauch sind auch gleich was vielen Schweizern besonders stark aufstösst. Hier drei Zauberformeln für einen Deutschen in der Schweiz, damit es mit dem Nachbarn besser klappt:
- Vieles kann verniedlicht und verkleinert werden, nicht aber die Schweizer Währung. Das Geld nennt sich immer „Franken“, nie „Fränkli“.
- Im Restaurant oder in der Bar sagen viele Deutsche: „Ich krieg ein Bier.“ Bei uns ist man da höflicher: „Darf ich ein Bier haben?“ oder „Ich hätte gerne ein Bier.“
- Nur wer per Du ist, wird in der Schweiz mit einem „Tschüss“ verabschiedet. Wer per Sie ist, aber trotzdem „Tschüss“ sagt, verstösst grob gegen die Höflichkeitsregeln. Da kriegen viele Schweizer einen richtig dicken Hals. (In Zürich mag es nicht mehr so schlimm sein, aber viel Glück auf dem Land.) Stattdessen empfiehlt sich z.B. ein „Auf Wiedersehen“.
Zu guter letzt empfehle ich die Redewendung „Der Ton macht die Musik“ nicht zu vergessen. Auch beim Ton kann der eine oder andere einiges herausholen. Der preussische Befehlston kommt nicht gut an. (Daher sind uns wahrscheinlich die Bayern so sympathisch, denn die reden ähnlich melodisch wie wir Schweizer.)
Hiermit wünsche ich viel Erfolg und einen erfolgreichen Aufenthalt in der Schweiz.