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SIAF Bundesrat Alain Berset insistiert auf dem Text

Bundesrat Alain Berset: Die Schweiz braucht Mythen um das Land zusammenzuhalten.

Bundesrat Alain Berset: “Die Schweiz – Erinnerungsnation mit Zukunft”

Universität Zürich, KOH-B-10, 27. Mai 2015, 18:35 – 19:10 Uhr. Organisiert vom Schweizerischen Institut für Auslandforschung SIAF.

SIAF Bundesrat Alain Berset insistiert auf dem Text

SIAF Bundesrat Alain Berset insistiert auf dem Text

Der Saal mit 450 Plätzen war knapp zur Hälfte gefüllt. Bundesrat Alain Berset wurde trotzdem mit einem kräftigen Applaus begrüsst. Die Geschichte der Schweiz sei geprägt von den folgenden vier Punkten:

  1. Das Verhältnis zu den Nachbarn war noch nie reibungslos.
  2. Realismus, Pragmatismus und strategische Intelligenz
  3. Dem Willen zusammenzuhalten
  4. Zufall

Eine stabile politische Situation ist eher die Ausnahme als die Regel. Vielmehr ist bei einem Blick in die Geschichte die multipolare, volatile Welt der Normalfall. Deshalb müssen wir in Bewegung bleiben und Gräben immer wieder von neuem überwinden. Dies gelingt uns (auch) dank unseren Mythen wie z.B. Willhelm Tell.

Thema dieses Blog-Beitrags: “Wie war der Auftritt von Bundesrat Alain Berset aus rhetorischer Sicht?” (Eine kurze Einschätzung zur Rhetorik: 3 positive Aspekte, 3 Verbesserungspotentiale.)

Positiv sind mir aufgefallen (und noch vieles mehr):

  • Andere zitieren: Alain Berset hat sich immer wieder auf andere Personen bezogen und hat sie zitiert. Dadurch untermauert er seine Argumente geschickt.
  • Redenschreiber / Ghostwriter: Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit hat er sich von einem Redenschreiber / Ghostwriter den Vortrag schreiben lassen. Gut. Als Bundesrat hat er keine Zeit alle Reden selbst zu schreiben. Allerdings sollte er das Manuskript vorher (nochmals) laut durchlesen. So würde er (noch) weniger über einzelne Stellen stolpern.
  • Rhetorische Mittel:  Sein Redenschreiber hat alle Register der Rhetorik gezogen. Es gab beispielsweise regelmässig humorvolle Einlagen (Beispiel: Die Unfallgefahr wächst, je länger man beim Autofahren in den Rückspiegel schaut.), Zitate, Alliterationen (Beispiel: Zoff, Zank + Zunder), Wortspiele, eine klare Struktur.
SIAF Bundesrat Alain Berset mahnt mit dem Finger

SIAF Bundesrat Alain Berset mahnt mit dem Finger

Mögliche Verbesserung / Ideen:

  • Ablesen: Alain Berset hielt eine Vor-Lesung. Er hat viel (90% oder mehr der Zeit) vom Manuskript abgelesen. Erst nach dem Vortrag, während den Fragen und Antworten, ist er mit der freien Rede zur Höchstform aufgelaufen. Vermutlich war das Ablesen dem komplexen Inhalt geschuldet.
  • Vogelperspektive: Kritische Stimmen würden sagen, erst ist zu allgemein geblieben.  Wäre es möglich gewesen, konkreter die Herausforderungen der Zukunft zu  nennen?
  • Letzter Satz: Den letzten Satz konnten weder mein Nachbar noch  ich akustisch verstehen. In diesem Fall war erst mit dem “vielen Dank” klar, dass der Vortrag zu Ende ist. Ganz, ganz schade.

Fazit:

Ein interessantes Referat auf (zu) grosser Flughöhe. Regelmässig aufheiternde Bemerkungen, welche es mir einfach machten zuzuhören.  Lohnenswert.

Auf der Skala von 1 (zu Hause bleiben) bis 10 (Weltmeister): 7

Peer Steinbrueck Die Zukunft der Demokratie

Peer Steinbrück im "Peer review"

Universität Zürich, Aula, 18. November 2014, 18:40 – 19:22 Uhr. Organisiert vom Schweizerischen Institut für Auslandforschung SIAF.

Minister a.D. Peer Steinbrück: “Die Zukunft der Demokratie”

Peer Steinbrueck TitelfolieWürde Peer Steinbrück auf seine Bemerkung mit der Kavallerie Bezug nehmen? Das war vermutlich eine der Fragen, die sich viele der Anwesenden im voll gefüllten Saal der Uni Zürich gestellt haben. Dr. Meier, der Organisator und Leiter des Schweizerischen Instituts für Auslandforschung, hat diesen Gedanken aufgenommen und humorvoll anmoderiert mit: “Willkommen in unserem Wigwam: ‘Sie haben nichts zu befürchten.'”

Peer Steinbrück hat vor einem vollem Saal von ca. 350 Zuhörern referiert. Er hat dafür plädiert, dass sich das Publikum um Politik kümmern soll. Das Publikum könne die Politik nicht einfach anderen überlassen! Ein klarer Appell dafür, dass sich jeder einbringePeer Steinbrueck Die Zukunft der Demokratien soll.

Thema dieses Blog-Beitrags: “Wie war der Auftritt von Peer Steinbrück aus rhetorischer Sicht?” (Eine kurze EiPeer Steinbrueck Die Zukunft der Demokratienschätzung zur Rhetorik: 3 positive Aspekte, 3 Verbesserungspotentiale.)

Positiv sind mir aufgefallen (und noch vieles mehr):

  • Sprache: flüssig, stark, fehlerfrei, ausdrucksstark. Beispiel:  “… so, dass ich jetzt langsam die Schlusskurve kriege.”
  • Humorvoll: inbesondere hat er zu Beginn und am Schluss Scherze eingebaut. Politiker sollen beispielsweise keine inhaltslosen Sätze von sich geben: “Eine gute Grundlage ist die beste Grundlage für eine solide Basis.”
  • Abwechslung vieler rhetorischer Mittel: Sprechpausen, Geschwindigkeitswechsel, Alliterationen, rhetorische Fragen, Enterhacken (zu Beginn auf etwas neugierig machen, aber dann auf später vertrösten).Peer Steinbrueck Gastgeschenk

Mögliche Verbesserung / Ideen:

  • Kopfhaltung: In wenigen Fällen konnte ich beobachten wie er das Kinn nach oben hielt. Das kann als arrogant interpretiert werden.
  • Essensreste: Es schien mir, dass er zu Beginn mit der Zunge nach Essensresten gefischt hat.
  • Anglizismen: Herr Steinbrück hat einige Anglizismen benutzt. Eine kurze deutsche Übersetzung könnte für den einen oder anderen Publikumsteilnehmer eine Hilfe sein. (An dieser Stelle auch die Erklärung zum Titel mit Anspielung auf seinen Vornamen: “Peer review” soll “Analyse seiner Rede” bedeuten.) Manchmal treffen englische Ausdrücke allerdings einen Sachverhalt besser auf den Kopf als deutsche. In seiner Rede hätte m.E. der Satz “Freedom is not free.” gut gepasst.

Besonders witzig wurde eines der beiden Gastgeschenke aufgenommen: der Indianer-Kopfschmuck.

Fazit:

Ein tolles Referat. Gut strukturiert, gekonnt vorgetragen, keine Sekunde langweilig. Wer nicht da war, hat etwas verpasst.

Auf der Skala von 1 (zu Hause bleiben) bis 10 (Weltmeister): 9

Kaspar Villiger am Referat an der Uni Zürich

Kaspar Villiger: Die Schweiz als Sonderwirtschaftszone der EU?

Universität Zürich, 8. Nov. 2011, Referat „Die Schweiz in Europa: Chancen und Risiken”

Kaspar Villiger am Referat an der Uni Zürich

Kaspar Villiger: Referat an der Uni Zürich

Kaspar Villiger, Ex-Bundesrat und derzeitiger Verwaltungsratspräsident der UBS, hat 3 Thesen aufgestellt, wie die Schweiz glücklich bleiben kann.

1. Die Menschen wollen Wohlstand.

2. Ein Land braucht eine Identität.

3. Ein Land will in der Welt geachtet sein.

Anhand der 3 Thesen hat er 3 Perspektiven entworfen.

Unter anderem hat er den Standpunkt vertreten, dass die Schweiz und die EU von einander profitieren. Und dies möglicherweise noch mehr könnten.

Eine bemerkenswerte Analogie war die folgende: China hat Sonderwirtschaftszonen eingerichtet. Alles was funktioniert übernehmen die Chinesen für das ganze Land. Was nicht, nicht. Die Schweiz könnte von der EU ebenfalls als Sonderwirtschaftszone angesehen werden. Auch hier könnte sie, die EU, die positiven Dinge übernehmen, die negativen weglassen. Statt die Schweiz zu bekämpfen.

Wie gut war die Rede von Kaspar Villiger?

Aus rhetorischer Sicht sind Thomas Skipwith, Präsentations-Coach, die folgenden Punkte positiv aufgefallen:

+ “Was dem Publikum unter den Nägeln brennt” ansprechen: Das Thema des Vortrags war die “Schweiz und die EU”. Trotzdem hat Kaspar Villiger in seiner Rolle als Präsident des Verwaltungsrates der UBS geschickt erst etwas zur UBS gesagt. Andernfalls wäre ihm das Publikum wohl weniger gefolgt. Er hat also gleich selbst zu Beginn der Rede die brennendsten Fragen zur UBS beantwortet.

+ Humor: Kaspar Villiger hat es immer wieder verstanden das Publikum zum Lachen zu bringen. (Beispiel: 30% Rendite der Schweizerischen Nationalbank auf toxischen Papier ist ausgezeichnet. Das ist einiges besser als die Performance seines eigenen Portefeuilles.)

Kaspar Villiger über die Schweiz und Europa

Kaspar Villiger über die Schweiz und Europa

+ Umsichtige Formulierungen: Er hat es immer wieder verstanden, seine Thesen und Aussagen so zu formulieren, dass alle im Publikum zustimmen konnten. Beispiele: Vielleicht komme ich zu einem umstritteneren Thema …; Viele von uns …; Eigentlich sind wir …, wenn auch …

Gemäss Präsentationscoach Thomas Skipwith würde das Referat noch besser, wenn er die folgenden Punkte beachten würde:

– Begrüssung mit Blick ins Publikum: Ich habe beobachtet wie Kaspar Villiger schon im ersten Satz auf sein Manuskript schaute. Empfehlung: Die ersten 3 Sätze mit Blickkontakt ins Publikum machen.

– Viele Punkte: Da waren 3 Thesen, 9 Punkte in der Zusammenfassung, 5 Voraussetzungen für oder gegen einen Beitritt zur EU etc. Es fiel mir schwer, bei so vielen Punkten den Überblick zu behalten. Idee: Wie wäre es mit z.B. 4 Folien mit den wichtigsten Punkten darauf?

Uni Zürich, Saal KOL-G-201

Uni Zürich, Saal KOL-G-201

– Den Applaus annehmen: Nach dem Schluss des Referats habe ich beobachtet wie Herr Villiger an die Wand stand, die Hände verschränkte und auf den Boden schaute. Erinnerte mich an jemanden, dem etwas peinlich ist. Schade, das hinterlässt bei mir einen schlechten letzten Eindruck. (Ähnliches Verbesserungspotential wie bei Didier

Skipwith-Radar zum Referat von Kaspar Villiger an der Uni Zürich

Skipwith-Radar zum Referat von Kaspar Villiger an der Uni Zürich

Burkhalter’s Vortrag vom 10. Oktober 2011.) Empfehlung: Nach so einer tollen Rede, wünsche ich mir, dass er ins Publikum schaut und den Applaus geniesst. Er hat ihn meines Erachtens verdient.

Insgesamt eine tolle Rede. Es hat sich für mich gelohnt hinzugehen.

Auf der Skala von 1 (zu Hause bleiben) bis 10 (Weltmeister): 8

(Das Referat kann auf der URL: http://www.siaf.ch/ nachgehört werden.)

Skipwith-Radar

Neben den genannten Stärken und Schwächen gibt es noch mehr Aspekte, welche zur Beurteilung der Rhetorik und Präsentationstechnik betrachtet werden können. Diese sind im Skipwith-Radar zusammengefasst. Der Skipwith-Radar erlaubt die Präsentation im Detail zu analysieren. (Der Skipwith-Radar gibt’s gratis auf www.thomas-skipwith.com)